Hintergrundgeschichte von amlug rî

 


1.0   Die Friesmark    

 

 

Im Jahre 1071 nach nordländischer Zeit lebten der fahrende Händler Jangorn Paulbeorn und seine Frau Ritara außerhalb der Stadt Tönngard im Lande Friesmark.

Die Friesmark liegt im Nord-Westen von Nordland und grenzt im Westen an die große See. Die tosende schäumende See mit ihren atemberaubenden Sonnenauf- und -untergängen war genauso typisch für diese Gegend wie weitläufige Wiesen und Wälder. Die Einwohner lebten hier vorwiegend von dem Ackerbau, der Viehzucht, der Fischerei und der Jagd. Die Friesmark zählte zu den rohstoffärmeren Ländereien in Nordland. Neben dieser scheinbar endlosen Weite standen die Hafenstädte. Hier pulsierte das Leben. Husmund, Hauptstadt und Sitz des Königs.

Tönngard - südlichste Hafenstadt der Friesmark und Umschlagplatz vieler Händler sowie Garnisonsstadt für die königlichen Soldaten liegt in der Bucht von Ording. Im Zentrum gab es einen Marktplatz, von dem aus eine breite mit Kopfstein gepflasterte Straße hinunter zum Hafen führte. Dort roch es nach frisch geräuchertem Fisch und salziger Meeresluft. Immerzu konnte man das Be- und Entladen der ständig an- und abfahrenden Frachter beobachten. Die Mentalität war rau. Kurze knappe Befehle, die häufig eher nach Beschimpfungen klangen, waren zu hören. Laut war es dort. Das Treiben am Hafen war interessant. Viele bunte Gewänder, reich verzierte oder ärmliche Kleidung, Reisende und Heimische eng beieinander. In den engen Seitenstraßen fand man die zahlreichen kleinen Fischerkaten mit strohgedeckten Dächern aus deren Schornstein stetig Rauch aufstieg. Weiter zum Zentrum waren die mit Dachschindeln gedeckten Häuser der Kaufleute zu finden. Einige von ihnen verfügten über breite überdachte Veranden, auf denen sie Ihr Warenangebot wie Obst, Gemüse, Fleisch und z. B. Haushaltswaren darboten.

In der Morgendämmerung machte sich Jangorn auf, um die Erträge des eigenen Hofes und einen Großteil der Waren, die er tags zuvor noch am Hafen erhalten hatte, zu verkaufen. Er hatte gute Beziehungen zu den Städten Husmund (hier lebte unser König Vildalix) und Schlesharc im Lande Ostgard. Die Näh- und Strickwaren Ritaras - sie war berühmt für ihr feines Händchen - waren am Abend schon sorgsam auf dem Wagen verstaut. Geflügel, Wurstwaren und frischgebackene Brotwaren hatte Jangorn eben noch geladen.

Wie immer, wenn Jangorn unterwegs war, kümmerte sich Ritara um die Felder, den Ackerbau und die Viehzucht. Manchmal wartete sie wochenlang bis der Händler wieder nach Hause kam.

Eines Abends im Hochsommer - Jangorn war im Hof und belud seinen Wagen für den nächsten Tag - trat Ritara zu ihm. Am Horizont versank gerade die rote Abendsonne und es wehte ein lauer nach Blüten duftender Sommerwind. Die junge Frau wollte mit ihrem Mann einen Spaziergang über die Felder machen, um sich zu verabschieden und ihm eine wichtige Neuigkeit zu unterbreiten. Die beiden schlenderten gemütlich zwischen blühendem Raps und genossen die gemeinsame innige Ruhe. An ihrem Baum, einer alten riesigen Eiche, hielten sie inne. „Unsere Liebe hat Früchte getragen“ erklärte Ritara „ Wenn das Jahr sich dem Ende neigt, werden wir Eltern sein.“ Jangorn konnte sein Glück kaum fassen. Er hob Ritara der Abendsonne entgegen und stieß einen lauten Freudenschrei aus. Und so vergingen die Tage, Wochen und Monate; es wurde Spätsommer und Herbst und Ritaras Schwangerschaft war nun deutlich sichtbar. Ein Arbeiten auf den Feldern war nicht mehr denkbar und der werdende Vater kümmerte sich jetzt vorwiegend um die Versorgung der Tiere.

Im zwölften Monat Decembare des Jahres bat die werdende Mutter Jangorn nicht mit auf die Jagd zu gehen sondern die Seherin zu rufen. Die Seherin eines Dorfes war im Allgemeinen eine kluge und weise Frau, die über Fähigkeiten des Heilens verfügte und das Wetter vorhersagen konnte. Ritara wusste ganz genau, dass sie an diesem Tag ihr Kind zur Welt bringen würde. Die Wehen waren fast unerträglich und der Vater hatte große Angst um seine Frau. Er holte heißes Wasser und saubere Tücher. Danach musste er tatenlos vor der Tür verharren. Unruhig lief er unzählige Stunden auf und ab. Die Nacht war sternenklar, die Luft sehr rein. In einem Moment, als im Wald plötzlich eine unheimliche Stille herrschte und die Tiere wie in einer stummen Erwartung innehielten, hörte Jangorn den ersten Schrei. Ein kräftiges Stimmchen verscheuchte die Stille und nach einer kurzen Weile gesellte sich noch ein zweites Stimmchen dazu. Die Seherin Nywene kam mit zwei gesunden Jungen aus der Kammer und legte diese dem jungen Vater in beide Arme. Jangorn war überglücklich und überrascht über das doppelte Vaterglück. Gleich wusste er den beiden Namen zu geben. Der eine sollte Bernod genannt werden, während der andere auf den Namen Stefom getauft wurde.

Die beiden Jungs wuchsen behütet in ihrer Umgebung auf. Schon früh lernten sie die Kunst des Jagens mit Pfeil und Bogen sowie das Aufstellen verschiedener Fallen und das Fährtenlesen. Hier war der Vater ein geduldiger, überaus geschickter und sehr beharrlicher Lehrer. Abends brachte er, wann immer es ging, seine Söhne zu Bett und erzählte viele alte geheimnisvolle Geschichten über die Drachenkämpfer des Königs und die zahlreichen Kämpfe gegen das Böse. Sehr zum Leidwesen der Mutter, die befürchtete, dass die Jungs nicht schlafen könnten. So entstanden viele Abenteuergeschichten, die die Jungs gleich am Tage darauf nachspielten.

An einem Nachmittag, es war ein grauer verregneter Tag und ein Gewitter hing in der Luft, spielten die Rabauken auf dem alten, eigentlich verbotenen Dachspeicher und entdeckten eine alte Holztruhe. Diese wies viele Verzierungen auf. Drachen waren zu erkennen und Schnitzereien von wilden Kämpfen. Verschlossen war die Truhe mit einem großen Siegelschloss. Als die Jungs versuchten das Schloss zu öffnen, hörten Sie unten Schritte in Richtung Dachbodenaufgang. Sie versuchten sich zu verstecken, aber ehe sie sich versahen, stand ihr Vater bereits vor ihnen. Die Jungs machten sich schon auf die übliche Standpauke gefasst, doch stattdessen öffnete Jangorn verdeckt vor den Blicken seiner Söhne die Truhe, kramte darin herum und brachte einen seltsamen Gegenstand zum Vorschein. Sorgsam verschloss er die Truhe wieder, um sich dann auf sie zu setzen. Er holte seine Söhne zu sich und begann eine seiner beliebten Geschichten zu erzählen. Es ging um einen tapferen Mann der vor vielen vielen Jahren dem König im Wald das Leben rettete und zum Dank ein Amulett und mehrere Ländereien bekam. Das Amulett das Jangorn in der Hand hielt, brach er entzwei und überreichte je eine Hälfte seinen Söhnen. Dieses Amulett sollten sie immer bei sich tragen, denn es sollte ihnen in größter Not Schutz bieten. Die beiden Jungs konnten kaum fassen was sie gehört hatten und noch weniger ihr Geschenk. Von da an trugen sie ihre Amulett-Hälfte immer bei sich.

So zogen die Jahre glücklich ins Land…

 

Immer wenn der Vater unterwegs war, halfen die zwei kräftigen Burschen ihrer Mutter bei den anstehenden Arbeiten auf dem Hof. Fast amüsiert beobachtete die Mutter, wie die beiden mit ihren sieben Jahren sich dann als Herren im Haus darum bemühten Haus und Hof zu beschützen.

 

 

 

 

 

 

2.0 Sturm auf Husmund

Einmal im Jahr wurde in der Friesmark das Fest Biekefuer gefeiert. Biekefuer war das traditionelle Fest der Friesmark, um den Winter und böse Dämonen sowie Geister zu vertreiben. Dies fand Ende des dritten Monats, also des Monats Marzen statt. Inerzu wurden überall im Lande kleine Feuer entzündet und es wurde überall ausgelassen gefeiert, getanzt und gegessen. Das größte Fest fand aber in unserer Hauptstadt Husmund statt. Hier dauerte es mehrere Tage und war zweifelsohne für viele Händler der Umgebung das wohl wichtigste Geschäft des Jahres.

der gesamten Stadt versammelten sich zahlreiche fahrende Händler, Gaukler, Zirkusvolk, Trobadure und Geschichtenerzähler. Der Marktplatz war dann vollständig belegt mit großen und kleinen Ständen. Riesige Zelte wurden aufgebaut. Man konnte quasi alles kaufen, was das Herz begehrte, wenn das nötige Kleingeld vorhanden war. Überall roch es verführerisch nach Leckereien. Exotische Düfte wehten durch die Luft, schillernde Stoffe und Kleider sorgten für einen farbenprächtigen Anblick. Mit den unterschiedlichen Wettspielen machten nur die wenigsten ihr Glück, aber alle versuchten es.

Als Jangorns Söhne acht Jahre alt waren, nahm er sie zum ersten Mal mit auf die zweitägige Reise in die Stadt Husmund zum Biekefuer.

Sie erreichten die Hauptstraße zum Südtor um die Mittagszeit. Die Sonne brannte. Fahrende Händler und Wandersvolk füllten den Weg. Gaukler. Tänzerinnen und Musiker sorgten für die nötige Unterhaltung. Für die Zwillinge war das alles wahnsinnig beeindruckend und Jangorn hatte alle Mühe den Entdeckungs- und Tatendrang der beiden einzudämmen.

Besonders aufgeregt waren Bernod und Stefoam, weil am nächsten Tag die Ritterspiele von König Vildalix eröffnet werden sollten. Das zentrale Element des Marktes. Hier sollten sich die stärksten und geschicktesten Ritter des Landes in verschiedenen Disziplinen messen. Stefoam mochte am liebsten den Bogenwettkampf. Das Zusammenspiel von Geschick, Kraft und Ruhe faszinierte ihn von je her. Immer im Hinterkopf, dass so ein Bogenschütze aus weiter Entfernung zielsicher den Tod bringen konnte. Eine stille Gefahr für die Tiere, die er ja selbst im heimischen Wald mit Pfeil und Bogen gejagt hatte. Wobei bei einem Achtjährigen natürlich noch einiges zu verbessern war. Aber auch die anderen Disziplinen wie der Geschicklichkeitsparcour und der Schwertkampf würden für einige Unterhaltung sorgen. Bernod war in Gedanken schon jetzt ein ruhmreicher Schwertkämpfer und schwang sein kleines Holzschwert, das ihm sein Vater geschnitzt hatte, gefährlich nah an zahlreichen Passanten vorbei. Der Höhepunkt würde dann am fünften Tag der Lanzenkampf sein.

Langsam schob der Menschenstrom die drei zu den Stadtwachen am Tor. Die Kontrollen musste jeder über sich ergehen lassen und es ging dadurch nur langsam voran. Gegen Abend kamen sie dann auch endlich in die Stadt. Die Burg bestand aus einem äußeren und einem inneren Ring und hatte gigantische Ausmaße. Der innere Ring bildete die Burg des Königs sowie der Marktplatz. Der Marktplatz wurde eingefasst durch zahlreiche Wohn- und Geschäftshäuser der reichen Gesellschaft von Husmund. Die Kirche stand im Zentrum der Burg gegenüber.

Im äußeren Ring befanden sich verschieden kleinere Marktplätze, Gaststätten, Pensionen, die einfachen Häuser der Mittelschicht bzw. der Handwerkerzunft. Hier befanden sich auch die Reitställe der königlichen Reitergarde sowie die Unterkünfte der Soldaten und Offiziere.

Sie waren in einer kleinen Schankwirtschaft mit dem Namen zum goldenen Drachen untergebracht. Das Schild am Eingang hing bereits schräg, die Farben waren verblasst. Als Jangorn mit seinen Söhnen die Schankwirtschaft betrat, blickte der kleine dicke Kahlköpfige Mann hinter dem Tresen auf und als er Jangorn erkannte breitete sich ein freundliches Grinsen in seinem Gesicht aus. Sie wurden herzlich aufgenommen.

In dem einfachen Zimmer gab es zwei Betten, einen Stuhl und einen Tisch mit Waschschüssel drauf.

Jeden Morgen bekamen die drei ein deftiges Frühstück, so dass die langen spannenden Tage auf dem Marktstand gut überstanden werden konnten.

Drei Tage nach ihrem Aufbruch, es war eine wolkenverhangene und unheilverkündende Nacht, griffen Uroks Tönngard an. Die Uroks, angeführt von ihrem Oberhaupt Sundorvar, leben in der Altmark, von wo aus sie immer wieder in die anliegenden Länder einfallen und auf grausame Weise die Städte brandschatzen, mit dem Versuch ihr Reich zu vergrößern.

Sie landeten eines Nachts mit Schiffen in der Bucht von Ording. Hier begann ihr Feldzug zur Stadt Husmund und der Burg unseres Königs Vildalix. Tönngard wurde in Schutt und Asche gelegt und überall stiegen dunkle Rauchschade dem Himmel empor. Sie nahmen keine Gefangenen; wer nicht floh, wurde umgebracht. Die kleine Garnison konnte ihnen nichts entgegensetzen. Die Ungeheuer hinterließen eine grausame Spur der Verwüstung.

Nach dem Fall von Tönngard zogen die wilden Horden weiter in Richtung der Hauptstadt. Es wurde gebrandschatzt, Felder zerstört und sinnlos gemordet.

Nur vier Tage später standen die Uroks vor den Stadtmauern von Husmund. Ihr Heer umfasste viele tausend Kämpfer und es entbrannte ein erbitterter Kampf um das Königreich, in der die Soldaten des Königs tapfer Widerstand leisteten. Die Bogenschützen König Vildalix sorgten unter den Angreifern für einige Verwirrung. Kurze Zeit schienen sich die Fremden zurückzuziehen bis sie mit Schutzwällen und schweren Rammböcken anrückten. Ungeheuerliches Kampfgebrüll erscholl über der Stadt. Bereits nach wenigen Stunden fiel der äußere Ring und es brach Verzweiflung und Chaos aus. In diesem Chaos wurde Stefoam von seinem Vater und Bruder getrennt. Er irrte ziellos und verzweifelt umher, auf der Suche nach ihnen, als plötzlich zwei Uroks vor dem Jungen auftauchten. Sie waren riesig und unheimlich. Gerade als der eine zum Schlag mit seiner mit Nägeln bespickten Keule ausholen wollte, tauchte wie aus dem Nichts eine Gestalt auf, tötete die beiden Uroks, packte den kleinen Jungen, um ihn auf sein Pferd zu ziehen.

Die Uroks stürmten indes weiter gegen den inneren Ring der Burg. Viele tapfere Soldaten aus der Armee Vildalix fielen und die Burg konnte nicht mehr gehalten werden. Die Burg fiel den Uroks in die Hände. Wer konnte floh und rettete sich in die Diemel-Berge oder in die Ausläufer des Böklund Waldes.

In wenigen Ecken ertönte noch das alte Kampflied der Friesmark doch das Königreich schien dem Untergang geweiht zu sein.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

3.0 Der Böklund Wald

Der Fremde nahm Stefoam mit auf seinem weißen Hengst und ritt mit ihm zum Stadttor Richtung Osten. Mit seinem Schwert in der Hand kämpfte der Retter sich wann immer nötig durch die Ungeheuer.

Ein Trupp der Uroks war gerade im Begriff das Tor für sich einzunehmen. Ein Kampf um Leben und Tod mit den königlichen Stadtwachen war entbrannt. Zwei Uroks brachen durch den Verteidigungswall mit der Absicht den östlichen Fluchtweg mit dem Stadttor wieder zu verschließen. Stefoam musste sich mit aller Kraft an seinem Retter festklammern als dieser mit einer fast unmenschlichen Geschwindigkeit seinen Bogen zog und die Sehne spannte. Zwei Pfeile streckten die Monster treffsicher nieder. Die königliche Garde gewann wieder an Boden und sicherte kurzzeitig die Fluchtwege. Das Pferd preschte durchs Tor und bei einem Blick zurück, sah Stefoam überall Rauchschwaden und Feuer über der Burg.

Das Pferd war schnell und sie entfernten sich immer mehr von dem Kriegsschauplatz. Allmählich wurde das Kampfgetöse leiser. Der Junge hatte große Angst und verhielt sich sehr ruhig. Sie ritten an riesigen grauen Felsformationen vorbei, welche von kleineren mossbedeckten Felsen abgelöst wurden. Dann wurde der Wald grüner und dichter. Farne zwischen sehr alten Bäumen bildeten ein faszinierendes Farbspiel aus verschiedenen Grüntönen. Sie flohen tief in den Wald hinein bis sie an eine kleine Hütte kamen, versteckt zwischen großen Baumwurzeln und duftenden Sträuchern. Hier endete der Ritt. Stille umschloss die beiden bis auf das leise Rauschen eines kleinen Baches der friedlich vor sich hinplätscherte. Der Mann hob Stefoam behutsam von seinem Pferd. Eine Frau kam aus dem Unterschlupf und nahm den Jungen an die Hand. Sie kümmerte sich liebevoll und gekonnt um die vielen kleinen Kratzer und Schnittwunden, die dem Jungen jetzt erst wieder auffielen und die auch jetzt erst wirklich zu schmerzen begonnen. Um auch für die kleinen seelischen Wunden eine Kleinigkeit zu tun, reichte sie dem Jungen eine heiße Schüssel mit Suppe. Der Junge schmeckte nicht wirklich etwas aber die Wärme tat sehr gut.

Die Frau hieß Faralith. Nach dem Essen bereitete sie ihm das Nachtlager. Müde von den Geschehnissen und Anstrengungen des Tages fiel Stefoam sofort in einen tiefen Schlaf. Mitten in der Nacht wachte er schweißgebadet auf. Schwere Alpträume von riesigen Uroks und blutigen Schlachten begleiteten seine Nacht.

Am nächsten Morgen wachte der Junge mit einem angenehmen Duft von frischen Pfannkuchen in der Nase auf. Faralith und sein Retter saßen bereits gemeinsam am Eßtisch als Stefom in die Küche kam. Der Mann bat ihm einen Platz am Fenster an und reichte ihm einen vollgefüllten Teller. Während sie aßen, stellte sich der Mann als Farathorn vor. Erst jetzt bemerkte Stefoam, dass sein Retter spitze Ohren hatte. Der Waldläufer war elbischer Abstammung.

Farathorn versprach Stefoam zu helfen und seine Familie zu finden. In dieser Zeit sollte der Junge tief im vergessenen Teil des Waldes bei der Heilerin Faralith in der Hütte in Sicherheit bleiben.

Doch die Familie war nach der großen Schlacht wie vom Erdboden verschluckt und somit wurden aus Wochen Monate und aus Monaten Jahre. Stefoam wurde im Wald groß und Farathorn und Faralith sollten sich als seine Ersatzeltern herausstellen.

Oft begleitete er Faralith bei ihren Streifzügen durch die Wälder. Sie sammelten Heilkräuter. Faralith lehrte ihm die Bedeutung und Wirkung der verschiedensten Pflanzen. Hier ergaben sich Salben und Tinkturen für fast jedes Zipperlein. Und es erstaunte ihn immer wieder was man alles essen konnte und wie geschmackvoll die Heilerin dies zubereitete.

Farathorn lehrte ihn die Handhabung verschiedener Waffen wie Ein-, Anderthalb- und Zweihänder und Bogen. Jeden Tag trainierten sie mehrere Stunden den Schwertkampf. Hierfür hatte Farathorn zwei passende Holzschwerter geschnitzt. Stefoam ließ nicht locker bis Farathorn ihn gewinnen ließ. Manchmal schmerzten beiden hinterher so sehr die Knochen, dass sie aus Faraliths Vorrat eine Salbe stibitzen, die zwar zunächst stark brannte aber dann alle Muskeln entspannte und sich herrlich warm anfühlte.

Oft durfte Stefoam ihn bei der Jagd begleiten. Farathorn zeigte sich begeistert von dem Geschick das der Junge bereits jetzt bei der Jagd an den Tag legte. Hier verfeinerten Sie die Techniken, die Stefoam bereits von seinem Vater gelernt hatte.

Die Bilder des Grauens verblassten. Bilder von den goldenen Blättern im Herbst und dem jungen Grün im Frühling, Regenbögen über den Wasserfällen und Sprühnebel im Tal bei den Sturzbächen nahmen ihren Platz ein. Das Gebrüll und Geschrei der Schlacht verstummte und wurde übertönt von den leisen Tönen des Windes der durchs junge Laub streicht, von der Musik des Wasserfalls, dem heftigen Rauschen der Strömung bei den Quellen und dem leisen Zirpen der Grillen im Sommer.

 

 

4.0 Geschichten über Drachen

Eines Tages als die Sonne am Abendhimmel unterging, machte sich Stefoam allein auf die Jagd. Er streifte durch die Wälder umher, und hier und da fiel der Mondschein durch die Bäume. In den frühen Morgenstunden bemerkte er den Rauch einer Feuerstelle. Das Feuer war erst vor kurzem erloschen. Stefoam beobachtete die Szene und stellte fest, dass das Lager bereits verlassen war. Er befand sich in der Nähe eines Sturzbaches und konnte das Rauschen hören. Zwischen die vertrauten Töne mischten sich plötzlich Kampfgeräusche. Diesen folgend, kam er auf eine große Lichtung gesäumt von riesigen alten Eichen.   Geheimnisvolle Schatten wanderten umher. Er traute seinen Augen nicht, als er sah wie bösartige Schurken einen jungen Drachen bedrohten und im Begriff waren ihn zu töten. Bis dahin hatte er von den vielen Geschichten über Drachen und ihren magischen Kräften gehört , auch sein Vater hatte ihm einige davon erzählt, aber es hatte stets geheißen die Letzten von ihnen wurden schon vor langer Zeit getötet. Nun aber stand einer leibhaftig vor Stefoam und obwohl er offensichtlich noch jung zu sein schien, empfand er seine große Erscheinung als umwerfend riesig. Der Drache war bereits verletzt worden und Stefoam handelte schnell. Er wurde dabei nicht von seinem Verstand, sondern vielmehr von einer unbeschreiblichen Energie aus seinem Herzen geleitet. Er griff die Schurken an, um dem Drachen zu helfen. Im Vorteil der Überraschung, gelang es ihm, sie mit zwei Pfeilen kurzerhand zu töten.

So stand er da, derweil sein Verstand nun wieder vollständig arbeitete und ihm sagte er solle schleunigst verschwinden, denn schließlich stehe ein echter und großer Drache vor ihm! Doch in dem Moment beugte sich der Drache zu ihm herunter, sah ihm mit seinem leuchtenden Blick tief in die Augen. Stefoam blieb wie angewurzelt stehen. Der Drache sprach nicht mit ihm, und doch hörte Stefoam eine Stimme in seinem Herzen. Der Drache sagte, er solle sich nicht fürchten, denn er wolle sich zutiefst bedanken. Er sei etwas ganz Besonderes, denn nicht jeder würde einem Drachen helfen und Sefoam könne jederzeit auf ebenso seine Hilfe zählen, wenn er selbst einmal in Not geraten sollte. Und dabei schwenkte er seinen Kopf an seine Seite und zog sich eine Schuppe aus seiner Haut heraus, reichte sie dem Jungen und ließ ihn dazu wissen, dass diese Schuppe als Zeichen seiner Dankbarkeit magische Kräfte verleihen würde und er so mit ihm immer in Verbindung stehen würde. Dann verabschiedete er sich von Stefoam und flog davon. Schillernd blaue Lichtbögen zogen sich über den Himmel. Und so ging der Junge immer noch überwältigt von dem Ereignis zurück in den Wald und nach Hause.

Dort konnte er es gar nicht abwarten das Erlebte seinen Zieheltern zu erzählen. Als Stefoam seine Geschichte beendet hatte, wurden Faralith und Farathorn gleichermaßen sehr still. Nach einer langen Pause in der Stefoam unruhig auf seinem Stuhl hin und her rutschte ergriff Faralith das Wort. >>Dir ist ein großes Geschenk gemacht worden, gleichzeitig wurde dir aber auch eine riesige Bürde auferlegt. Stefoam du bist noch soo jung und so eine Schuppe besitzt große Macht! Diese darfst du nicht unterschätzen oder leichtfertig einsetzen. Ein Drache – nicht zu fassen. Du musst wissen, dass Drachen sich in längst vergangener Zeit nur in seltenen Fällen in die Belange der Menschen eingemischt haben. Wenn man es im Nachhinein betrachtet, hatten sie immer nur Gutes im Sinn, auch wenn das nicht immer sofort ersichtlich war. Ich habe von ein paar wenigen Geschichten gehört in denen es eine enge Verbindung zwischen einzelnen Drachen und Menschen gab. Diese waren stets sehr bedeutend. Darum gehe ich davon aus, dass deine Zeit hier im Wald bald ein Ende haben wird. Das macht mir das Herz sehr schwer. Bis es allerdings soweit ist, werde ich dir alles zeigen, was ich über Magie weiß.<< Mit diesen Worten stand sie auf und ging vor die Tür. Stefoam folgt ihr. Fortan erteilte Faralith Stefoam magische Lektionen. Woher sie dieses Wissen hatte behielt sie für sich. So lernte er z.B. nur mit Hilfe seines Willens Feuer zu entfachen. Er tat sich schwer bei den Übungen und die seltsamen Worte die man gebrauchte, wollten sich ihm nur langsam einprägen. Aber bald entwickelte er ein gewisses Gefühl für das Kribbeln, dass Magie auslöste und er überwand die Scheu, die sich damit verband. Eines Abends spürte er das Kribbeln von ganz allein in sich, ohne überhaupt Magie anzuwenden. In diesem Moment wurde die Drachenschuppe ganz warm auf seiner Haut. Stefoam spürte auch eine gewisse Wärme in seinem Herzen. Bei der nächsten Lektion verstärkte sich dieses Gefühl, als er bewusst darauf achtete.

So verstrich die Zeit….